Merle – eine traurige Geschichte
An einem regnerischen Januartag musste eines unserer Vereinsmitglieder entsetzt mitansehen, wie eine kleine Taube von den rotierenden Bürsten eines Reinigungsfahrzeugs eingesogen wurde. Als sie dem Fahrer des Fahrzeugs gegen die Scheibe trommelte, hielt dieser verwundert an und antwortete auf „Sie haben gerade eine Taube eingesaugt“ nüchtern mit „Ja, und?“ und wollte weiterfahren.
Nur sehr widerwillig verließ der Fahrer dann doch aufgrund des lauten Intervenierens unseres Mitglieds seine Kabine und schaute halbherzig in die Tonne. „Nee, da ist nichts“. „Doch, da ist definitiv eine Taube.“ Er schaute nochmal rein „Oh doch, da ist was. Das sieht ja nicht gut aus… Soll ich das Ding jetzt etwa anfassen?“ fragte er angewidert. Erst als das Vereinsmitglied drohte, selbst in die Tonne zu klettern, nahm er eine Greifzange, und kurz darauf hielt unser Mitglied ein jämmerliches und komplett durchnässtes Bündel bedeckt mit Zigarettenstummeln in ihren zitternden Händen. Die kleine Taube war fast noch ein Baby und schaute sie mit riesigen dunklen Augen an. Sie wog kaum etwas und bestand eigentlich nur aus Knochen und Dreck, aber noch lebte sie und hatte keine sichtbaren Verletzungen.
Unser Vereinsmitglied wickelte das kleine Geschöpf in Taschentücher und einen Stoffbeutel. Langsam öffnete und schloss sich der Schnabel und der Kopf reckte sich unnatürlich nach oben, die Augen weit aufgerissen. Sie fuhr so schnell es ging zu unserer Tierärztin, glücklicherweise nur eine 10-minütige Bahnfahrt. Doch im Laufe der Fahrt wurden die Augen langsam zu Schlitzen, das kleine Herz pochte weiterhin, aber für eine Rettung war es leider zu spät. Die kleine Taube hatte keinerlei Reserven und womöglich innere Verletzung. Leider konnten wir nichts weiter tun, als sie vor einem unwürdigen Tod inmitten von Müll zu retten.
Auch wenn wir dem Müllmann keinen Vorsatz unterstellen wollen, sind wir doch immer wieder geschockt über die Kaltherzigkeit und Teilnahmslosigkeit einiger Mitmenschen.
Ruhe in Frieden kleine Merle, so hat sie unser Mitglied getauft, leider war dir kein längeres Leben vergönnt. Wir hoffen, du bist jetzt an einem besseren Ort.
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